Italien zum Niederknien

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Man sollte vorsichtig sein mit Superlativen. Aber an eine bessere Pasta als die Scampi-Carbonara im Gandria können wir uns beim besten Willen nicht erinnern. Die dicken Eierspaghetti – hausgemacht, wie Teresa Wenger mit berechtigtem Stolz bemerkte – gingen mit der cremig-eleganten Sauce auf Basis stundenlang ausgekochter Krustentierschalen und den zarten Scampi selbst eine lukullische Traumehe ein.

Wir hatten die gar nicht mal so kleine Vorspeisenportion für 26?Franken gewählt, wünschten uns aber schon nach dem ersten Bissen, wir hätten die grosse für 8?Franken mehr geordert. Das Thunfisch-Tatar (23 Fr.) hatte neben den beglückenden Spaghetti einen schweren Stand – wir beachteten es erst, nachdem die Nudeln aufgegessen waren. Eine kleine kulinarische ­Ungerechtigkeit unsererseits, waren die Würfel des dunkelroten Fischs doch taufrisch und ­erstklassig abgeschmeckt.

Während für die Gäste am Nebentisch die aus Signora Wengers Zeit in Onkel Toms Hütte bekannten Rahmschnitzel im Pfännli aufgetragen wurden, hatten wir uns bei den Hauptgängen dem Meer verschrieben. Der Oktopus (39.50 Fr.) – butterzart, da bei tiefer Temperatur im Sous-Vide-Beutel gegart – offenbarte erneut den ­sensiblen Umgang von Küchenchef Adriano ­Peroncini mit nicht ganz leicht zu verarbeitenden Produkten. Die Sauce mit Tomaten und Kräutern passte bestens zum Tintenfisch, da sie sein feines Aroma nicht erschlug und sich zusammen mit den Kartoffeln brav in die Begleiterrolle fügte.

Frisch und gekonnt auf den Punkt gegart war die dicke Seeteufeltranche aus dem Ofen mit knackigen Babyartischocken-Vierteln (48 Fr.). Lob verdient auch der vor lauter Freude an der Gandria-Küche nachbestellte Risotto. Er hatte Biss und war gleichwohl cremig-schlotzig. Wäre das vorzügliche Reisgericht, das sich später nicht einmal auf der Rechnung fand, nur mit Pilzen und nicht auch noch mit Trüffelöl – zum Glück war es nur ein Hauch – aufgemöbelt worden, wären wir noch erfreuter gewesen.

Als nicht ganz leichten, aber hinreissenden Schlusspunkt eines Essens im Gandria empfehlen wir das warme Schokoladensoufflé mit ?Vanilleglace und Schlagrahm (15 Fr.). Unseres besass ein dünnes Krüstchen, ein schaumiges Inneres und einen zartschmelzenden Kern aus angenehm herber Schokolade. Die hausgemachten Sorbets (drei Kugeln/13 Fr.), allen voran die erfrischende Variante aus Himbeeren, gefielen uns auch, aber ins Schokoladensoufflé hätten wir uns hineinlegen können, so lecker war es!

Was gibt es sonst noch zu sagen über das Lokal, das auch unter den Vorgängern Regula und Gernot Draxler eine sehr gute Adresse war? Der Teppich ist einem Parkettboden gewichen, und die Kundschaft rennt den neuen Pächtern mittags die Bude ein. Reservation also unbedingt empfohlen. Abends würde es noch etwas mehr Betrieb vertragen, sagte uns Teresa Wenger ­anlässlich unseres anonymen Testbesuchs. Wir nehmen an, dass sich das bald ändert bei der ­Qualität der Küche und der grossen Gastfreundschaft des Hauses. Da der Bezahlterminal für EC-Karten noch nicht funktionierte, gab uns die Chefin einfach einen Einzahlungsschein mit.